Melina Mandelbaum
Die Frage der Staatsbürgerschaft berührt viele der drängendsten Herausforderungen unserer heutigen Gesellschaft, wie etwa Themen wie Armut, Ungleichheit, individuelle Freiheit, kulturelle Identität und Migration. Begriffe und Praktiken der Staatsbürgerschaft sind seit jeher eng mit Konflikten um die Integration und den Ausschluss von Mitgliedern verknüpft. Diese Auseinandersetzungen haben historisch die vielfältigsten Formen angenommen und wurden stets sowohl auf rechtlicher und politischer als auch auf kultureller und privater Ebene ausgefochten. Dennoch wird die bisherige Forschung zur Staatsbürgerschaft vor allem von politikwissenschaftlichen und soziologischen Studien dominiert, die der Vielschichtigkeit des Gegenstands oft nur mit Mitteln einer stark formalisierenden und abstrahierenden Analyse begegnen. Dabei werden die begriffsprägende Rolle des Einzelnen, die gelebte Alltagserfahrung und der kulturell-symbolische Gehalt der Staatsbürgerschaft häufig vernachlässigt.
In meiner Promotion widmete ich mich dieser Problematik durch eine thematisch und chronologisch strukturierte Analyse literarischer Fallstudien. Durch die Veranschaulichung und Deutung politikwissenschaftlicher und sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse mittels literarischer Quellen soll ein tieferes Verständnis für die kulturelle Komplexität der Staatsbürgerschaft sowie ihrer Wandelbarkeit, Grenzen und Potenziale erreicht werden. Eine Monografie basierend auf meiner Dissertation ist derzeit in Arbeit, und das Manuskript wurde mit dem zweiten Platz des Women in German (WiG)-Preises für das beste neue Buch ausgezeichnet.
Aktuell arbeite ich als Research Fellow und Dozentin für deutsche Literatur, Kultur und Politik an der Universität Cambridge, Großbritannien. In meiner Forschung beschäftige ich mich weiterhin mit den Schnittstellen zwischen literarischer Fiktion und politischen Diskursen, derzeit insbesondere in Bezug auf die sich wandelnden Zukunftsbeschreibungen in Politik und Literatur, etwa in den Diskursen zur Innovationspolitik.
Eine Auswahl meiner Publikationen ist hier einsehbar:
- Mandelbaum, Melina & Sarah Colvin: Routledge Handbook of German Politics and Culture (2. Ausgabe), Routledge, erscheint Sommer 2026.
- Mandelbaum, Melina: “‘To the Future Turned We Stand”: Progress and the Temporal Politics of Citizenship in the German Democratic Republic’, Oxford German Studies, Februar 2024.
- Mandelbaum, Melina: “Administering Exclusion: Statelessness, Identity Papers and Narrative Strategy in B. Traven’s The Death Ship (1926)”, Forum for Modern Language Studies, April 2021 (ausgezeichnet mit dem Forum Prize für den besten Essay des Jahres).
Meine Promotion habe ich 2022 an der Universität Cambridge abgeschlossen. Zuvor erlangte ich meinen Master in European Literature and Culture (MPhil, Cambridge) sowie einen weiteren Master in Comparative Politics (MSci, London School of Economics). Meinen Bachelorabschluss absolvierte ich in International Studies am Goldsmiths College, London. Vor meiner aktuellen Position wurde mir ein Post-Doctoral Fellowship des Arts and Humanities Research Council (Großbritannien) verliehen. Neben meiner akademischen Laufbahn habe ich auch Erfahrung in den Bereichen der Entwicklungspolitik (BMZ, DfID) sowie als Unternehmerin.