– Gewalt, Sozialisierung und bewaffneter Konflikt

Antonia Jülich

Gewalt und innerstaatliche Konflikte verhindern in vielen Ländern eine friedliche und nachhaltige Entwicklung. Sie bedrohen Menschen in ihrer Existenz, zerstören politische Institutionen, wirtschaftliche Strukturen und sozialen Zusammenhalt. Die zunehmende Anzahl an Bürgerkriegen, in denen Rebellen für die meisten zivilen Opfer verantwortlich sind, stellt die Frage nach den Ursachen dieser Gewalt.

 

Obwohl Boko Haram zu einer der tödlichsten Rebellenorganisationen weltweit zählt und verantwortlich ist für die Vertreibung von 2.1 Millionen Menschen, ist nur wenig über die Dynamiken innerhalb der Gruppe bekannt. Erklärungsansätze fokussieren sich meist auf Gewalt als ein strategisches Mittel. Demnach wird sie eingesetzt, um ökonomische und ideologische Ziele zu erreichen. Diese Faktoren allein können jedoch nicht erklären, warum sich bewaffnete Gruppen und deren Verhalten im Laufe des Konflikts wandeln. Auch liefern sie kein Verständnis dafür, warum selbst zwangsrekrutierte Mitglieder der Gruppe oft treu bleiben. Gleichzeitig verdecken sie den Blick auf das komplexe Innenleben einer Rebellion, in der eine neue soziale Ordnung und die Erziehung zur Gewalttätigkeit den Alltag bestimmen. Vor diesem Hintergrund widmet sich meine Promotion an der Universität Edinburgh der Sozialisierung von Kämpfern innerhalb Boko Harams. Welche Normen, Gesetze und Praktiken regeln das Leben in der Gruppe? Auf welche Weise beeinflussen diese den Einsatz von Gewalt? Warum werden sie eingehalten – oder gebrochen?

 

Einblicke in die Welt von Rebellen sind nicht nur wichtig, um Gewalt erklären zu können, sondern auch, um effektive friedensfördernde Maßnahmen zu finden. Dies gilt insbesondere für die Reintegration von ehemaligen Kämpfern in ein ziviles Leben. Die Promotion basiert auf qualitativer Forschung in Nigeria. Die Stimmen derjenigen, die von dem Konflikt betroffen sind, stehen dabei im Vordergrund.